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Das sieht man als etwas sehr Gelungenes auf der Ballhausbühne. Das Stück weckt ein mährisches Interesse, von dem ich nichts wusste. Es geht von etwas Einfachem aus und gestattet in der Verwandlung seinem Gegenstand eine Reise auf der Suche nach der verlorenen Zeit.

(livekritik, 15.5.2014)

 

Wie mit einer Lupe versuchen Franziska Seeberg und Lisa Vera Schwabe (Regie und Text) Vergangenes, das in der Erinnerung verschwindend klein geworden ist, wieder zu vergrößern. In jeder Vergrößerung liegt aber auch eine Verzerrung. Eine Verzerrung, die mitunter Imagination ist. Das Gedächtnis versucht stets, Kausalitäten zu erzeugen und mit erdichteter Logik, Vergangenes neu darzustellen. „Kunovice“ taucht die Erinnerung in nostalgisch-historischen Glanz gleich buntgefärbter Ostereier.(…) Klang fungiert in “Ostern in Kunovice. Ein Musiktheater” als Träger von Emotion und Erinnerung (Komposition: Norbert Lang; Sounds aus Kunovice: Lukáš Tvrdoň). Mal sind es abstrakte, kaum zuzuordnende Tonaufnahmen, Umweltgeräusche aus dem Ort der Kindheit, die den Prozess der Rekonstruktion einer verblassten Vergangenheit begleiten. Mal ist es ein Knabenchor vom Band, der die Akteurinnen entzückt schwelgen lässt. Und mal ist da ein abgehackter Beat – allegorisch für das Stop-and-go der Gedankenarbeit, bei der stoßartig und in Wortform die Erinnerung hervorsprudelt. (…) Das Wunderbare ist, die Inszenierung nutzt Elemente, die jeder aus eigener Erfahrung kennt. Ein Geruch in der Nase: Omas deftige Gulaschsuppe. Die peitschenden Weidenruten der Jungen und man zieht mit angstgepaarter Freude den Hintern ein.

(Unruhe im Oberrang, 19.5.2014)

OSTERN IN KUNOVICE

Ein Musiktheater

Ballhaus Ost Berlin, 2014

begibt sich auf die Spuren einer Fotografie, die vor zwei Jahrzehnten im tschechischen Dorf Kunovice aufgenommen wurde: Wir sehen vier Kinder und einen Mann in einer Wohnstube. Eines der Kinder hält eine Geige in der Hand, ein anderes spielt Blockflöte. Niemand schaut in die Kamera. An der Wand hängen Gemälde, im Esszimmerschrank stapeln sich die Kristallgläser und im Vordergrund liegen Schokoladenostereier in einer Schale auf dem Tisch. Wer sind die fünf Menschen auf dem Bild? Wie ist es ihnen seit dem Osterfest ergangen? Und in wessen Wohnzimmer befinden wir uns? OSTERN IN KUNOVICE verknüpft dokumentarisches Material mit den Mitteln des Musiktheaters und unternimmt eine Reise in ein Bild. Schicht für Schicht werden dabei die Geheimnisse des 20 Jahre alten Fotos aufgedeckt.

Mit: Franziska Dick und Cathrin Romeis
Text, Regie: Franziska Seeberg und Lisa Vera Schwabe
Komposition: Norbert Lang
Sounds aus Kunovice: Lukáš Tvrdoň
Ausstattung: Judith Philipp
Technische Leitung: Ralf Arndt
Regieassistenz: Elena Graßmann
Ausstattungsassistenz: Ingibjörg Jara Sigurdardottir
Produktionsleitung: ehrliche arbeit – freies Kulturbüro

Gefördert durch Mittel des Regierenden Bürgermeisters von Berlin – Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, den Fonds Darstellende Künste e.V. und die Rudolf Augstein Stiftung. Mit freundlicher Unterstützung des Goethe-Instituts.